Freitag, 5. Oktober 2018

Die Templer und die Spekulationen um ihren Schatz ------- die Burg von Gisors und Richard Löwenherz (aktualisiert)

Burg von Gisors: Motte und Donjon

Die zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert während der Kreuzzugszeit erbaute Burg von Gisors in der Normandie (Basse Normandie) ist auch als Ruine ein beeindruckendes Bauwerk. Immerhin umschließt die untere Burg eine Wallanlage von 800 Metern Länge. Das befestigte Gelände erstreckt sich über drei Hektar. Im oberen Teil wurde wahrscheinlich schon Ende des 11. Jahrhunderts ein Hügel aufgeschüttet (eine Motte), auf der der ungewöhnliche oktogonale Bergfried (Donjon) steht.

Sarkophag von Richard I. Löwenherz
in der Kathedrale von Rouen
Das geschah zur Regierungszeit der Normannenkönige unter Wilhelm II, dem Roten (geb. 1056, Regent
von 
1087-1100 = Sohn von Wilhelm dem Eroberer) 
und vielleicht auch unter Richard I. Löwenherz (1157-1199). Der König kämpfte 1198 bei Gisors um die Vormacht in der Normandie. Bereits 1197 hatte er als Grenzfeste oberhalb der Seine das Château Gaillard errichten lassen.
Vgl. den Katalogband zur
Ausstellung im Historischen Museum Speyer (bis 15.04.2018):
Alexander Schubert (Hg.):  Richard Löwenherz. König - Ritter - Gefangener.
Regensburg: Schnell+Steiner 2017, 416 S., Abb.


Die Festung Château Gaillard 
Zurück zu Gisors:
Mit dieser Burg  ist auch der berühmte Erzbischof von Canterbury Thomas Becket 
(1118-1170) verbunden. Er lebte von 1164-117im Exil unter dem Schutz des französischen Königs Ludwig VII. (1120-1180). 
Becket hatte
 sich mit dem englischen König Heinrich II. (1133-1189) überworfen. 1170 schien eine Aussöhnung möglich; aber nach seiner Rückkehr wurde Becket in der Kathedrale von Canterbury ermordet. Sehr bald verehrte man ihn als Heiligen. Die hohe Wertschätzung des Erzbischofs in der Normandie kommt auch durch die 1184 von Heinrich II. eingebaute Becket-Kapelle im Donjon von Gisors zum Ausdruck. Sie war Zeichen seiner Reue und Buße wegen der Ermordung Beckets.
Um die Burg ranken sich Spekulationen im Zusammenhang mit dem Templerorden, der bereits im 12. Jahrhundert längere Zeit für die Bewachung der Region Vexin zuständig war. Die Templer nahmen damit faktisch bei allen in Gisors  stattfindenden politischen Verhandlungen zwischen Frankreich und England im Streitfall Normandie teil.

Der Templerorden realisierte im Sinne des spirituellen und militärischen Kampfes den Kreuzzugsgedanken  der Befreiung christlicher Stätten von den Muslimen. Als intensiver und streitbarer Befürworter trat Bernhard von Clairvaux (1090-1153) auf, der die Tempelritter ausgesprochen schätzte.
So verfasste er zusammen mit dem Gründungsmitglied und Ordens-Großmeister Hugues de Payens (um 1070-1136) die Regel des Templerordens.


Wie eine Kriminalgeschichte liest sich die Zerschlagung des Templerordens (Die ZEIT, 23.03.2012) durch Philipp IV., den "Schönen" (1268-1314). Er besiegelte mit der Hilfe von Papst Clemens V. (1305-1314) das Ende dieses extrem reichen und einflussreichen europäischen Ritterordens, und zwar auf dem
Konzil von Vienne im Jahre 1312. 
Burg Gisors: Turm der Gefangenen
Tour des Prisonniers


Im Turm der Gefangenen (Tour des Prisonniers) auf der Burg von Gisors wurden zeitweise einige Templermitglieder und wahrscheinlich auch der letzte Großmeister des Ordens, Jakob de Molay, festgehalten, ehe man sie in Paris hinrichtete.

Ein Zeitsprung:
Im Jahre 1946 behauptete der ehemalige Burgwächter von Gisors, bei seinen (heimlichen) Grabungen innerhalb der Motte eine Kapelle entdeckt zu haben, die auf die Templer hindeutete. Durch das Buch des Journalisten Gérard de Sède: "Les Templiers sont parmi nous" (1962) führte dies zu großem und problematischem Amateur-Grabungseifer, die der damalige Kultusminster André Malraux in offizielle Bahnen zu lenken versuchte. Es bestand jedoch insgesamt die Gefahr, dass der Bergfried einzustürzen drohte. So wurden schließlich die Grabungen komplett verboten, aber die Spekulationen blühen weiter  ...

CC


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen